Arbeitsgemeinschaft der ÖFG
KULTURELLE DYNAMIKEN
Leitung: Univ.-Prof. Dr. Sabine Coelsch-Foisner
(Universität Salzburg)
Die inter- bzw. transdisziplinäre Arbeitsgemeinschaft Kulturelle Dynamiken widmet sich der Erforschung von Prozessen der Formation und Transformation, welche die gegenwärtige Kultur und unser Kulturverständnis prägen. Unter ‚kulturellen Dynamiken‘ werden nicht lineare oder zielgerichtete Entwicklungen verstanden, sondern komplexe, ineinander greifende Mechanismen der kulturellen Produktion, Rezeption und Wahrnehmung, die unser gesamtes lebensweltliches Umfeld betreffen und historisch unabgeschlossen sind. Um diese zu beleuchten, bzw. um gemeinsame Problemfelder und Problemlösungszusammenhänge überhaupt wahrzunehmen, ist eine inter- bzw. transdisziplinäre Herangehensweise Voraussetzung. Gegenstand der ARGE sind gleichermaßen ästhetische Artefakte und Formen des Kunstbetriebs, ästhetische Praktiken und kulturelle Einrichtungen, Denkordnungen, Bereiche der Alltagskultur, des Bildungswesens, gesellschaftliche Distinktionen und Lebensstile.
Ziel der ARGE Kulturelle Dynamiken ist es, kulturelle Entwicklungen und Prozesse in ihrer Vielschichtigkeit und ihren Zusammenhängen zu verstehen, sohin Phänomene und Interaktionsmechanismen durch eine inter- und transdisziplinäre Herangehensweise besser einordnen zu können – durchaus im Sinne einer Korrektur von durch disziplinäre Spezialisierungen entstandenen Schmalführungen und Wissenslücken moderner Wissenschaft –, durch diachrone und synchrone Kontextualisierungen Überblick zu verschaffen und Orientierung in einer sich dynamisch entfaltenden Gegenwartskultur zu erzielen. Der ARGE kommt damit die zentrale Rolle zu, über nationale und internationale Vernetzungen aktuelle Problementwicklungen in neuen Kontexten zu reflektieren und ihre lebensweltlichen Voraussetzungen und Konsequenzen für den Einzelnen und die Gesellschaft sichtbar zu machen. Darin liegt der Erkenntniswert dieser ARGE. Österreich ist prädestiniert für ein solches inter- und transdisziplinäres kulturwissenschaftliches Vernetzungsprojekt – zum einen als Kulturstandort von Weltrang und zum anderen als zentraleuropäisches Land, das in der Begegnung der Kulturen traditionell eine bedeutende Vermittlerrolle einnimmt. Die ARGE Kulturelle Dynamiken ist in Wien verankert und soll durch Tagungen mit hochkarätigen VertreterInnen unterschiedlicher Forschungsfelder, Publikationen, durch assoziierte Workshops und Forschungsplattformen besonders für NachwuchswissenschaftlerInnen und Kooperationen den Kristallisationspunkt eines österreichischen Netzwerkes bilden, das die Bedeutung der Kulturwissenschaften im Verbund mit anderen Wissenschaftsdisziplinen im In- und Ausland stärkt und neue Impulse für die transdisziplinäre kulturwissenschaftliche Forschung setzt.
Das Erkenntnisinteresse der ARGE Kulturelle Dynamiken richtet sich an sieben Forschungsclustern aus, die eng miteinander verbunden sind:
● Memorialisierung
● Theatralisierung
● (Trans-)Medialisierung
● Visualisierung
● Hybridisierung
● Delokalisierung
● Kommodifizierung
Zentrales Anliegen der ARGE Kulturelle Dynamiken ist es, die Durchlässigkeit der Disziplinen zu erhöhen und in produktiver Auseinandersetzung mit disziplinären Ansätzen Synergien für Methoden und Theoriebildungen zu schaffen sowie Begrifflichkeiten in Hinblick auf ihr Innovationspotential transdisziplinär auszuloten und zu schärfen. Das ist umso erforderlicher, als sich Interdisziplinarität in den Kulturwissenschaften vielfach innerhalb der Kultur-wissenschaften ereignet. Zweifellos führt das zu fruchtbaren Erkenntnissen über historische Entwicklungen, Transferleistungen und Zusammenhänge innerhalb kultureller oder sozialer Systeme. Angesichts moderner Technologien, medialer Vernetzungen und komplexer Rechtsstrukturen und nicht zuletzt durch die ständige Ausdifferenzierung der Wissenschaften sind kulturelle Dynamiken auch im Verbund mit Disziplinen/Forschungsentwicklungen zu denken, die in kulturwissenschaftlichen Forschungsnetzen wenig repräsentiert sind, wie etwa die Bio- und Kognitionswissenschaften und die technischen Wissenschaften (Geschichte der Medizin, der Psychiatrie, der Technik, der Bühnentechnik) oder die Rechts- und Wirtschaftswissenschaften. Daneben sollen themenspezifisch auch PraktikerInnen eingeladen werden.
Es ist zu erwarten, dass in der interdisziplinären Beleuchtung kultureller Dynamiken Interaktionsmechanismen, wechselseitige Abhängigkeiten und Beeinflussungen zu Tage gefördert werden, die ein neues Fundament für kulturwissenschaftliches Orientierungswissen und transdisziplinäre Kompetenz schaffen. Zu diesem Zweck will die Arbeitsgemeinschaft ein dynamisches Forum schaffen, welches die Forschungsansätze unterschiedlicher Disziplinen produktiv bündelt und einen erweiterten Erkenntnisrahmen für unsere Orientierung in der Gegenwartskultur schafft. Dies wird als unabdingbar gesehen, damit die Kulturwissenschaften ihrem Auftrag als Orientierungswissenschaft gerecht werden.