Forschung

Die interdisziplinäre Arbeitsgemeinschaft widmet sich der Erforschung von Prozessen der Formation und Transformation, welche die gegenwärtige Kultur und unser Kulturverständnis prägen. Unter kultureller Dynamik werden nicht lineare oder teleologische Entwicklungen verstanden sondern komplexe Mechanismen der kulturellen Produktion, Rezeption und Perzeption, die unser gesamtes lebensweltliches Umfeld (‚the whole way of life‘) erfassen und historisch unabgeschlossen sind. Das Erkenntnisinteresse richtet sich gleichermaßen auf Formen des Kunstbetriebs und kulturelle Einrichtungen wie Fragen der Alltagskultur, des Bildungswesens, gesellschaftlicher Hierarchien und Machtverhältnisse. Jährlich wird ein eineinhalbtägiges interdisziplinäres Symposium in Wien abgehalten, zu dem acht bis zehn WissenschaftlerInnen aus unterschiedlichen Disziplinen eingeladen werden. Die Forschungs-Cluster sind:

Memorialisierung

Untersucht Formen und Methoden der Archivierung von Kultur im historischen und politischen Kontext (wann, wie, was wird archiviert?); welche bildungspolitischen Konsequenzen hat der Drang, Wissen zu speichern?; wie gehen die Naturwissenschaften damit um (Mind Enhancement, künstliche Intelligenz)?; weitere Themenfelder sind Erinnerungskulturen und kulturelle Infrastrukturen des Gedächtnisses, kommemorative Praktiken; Versuche der Behebung des Vertrautheitsschwundes mit der Vergangenheit durch Rekonstruktion von Geschichte, Gedächtnisdiskurse; Musealisierung der Alltagswelt.

Theatralisierung

Untersucht die Übertragung theatraler Effekte und Strategien auf unterschiedliche Bereiche der Lebenswirklichkeit (Politik, Bildung); Theatralisierung der Gesellschaft (Geburt, Liebe, Tod); Inszenierung von Identität, Rollenspiel (Real Life Games), Choreographierung von Macht, Eventkulturen, Festivals, Erlebnistourismus, Design und Kulisse (Themed Restaurants, Food Cultures, Visitor Attractions); Kultursemiotik des Körpers, neue Erscheinungsformen von Bühnenkunst und Showformaten (Freak Shows).

(Trans-)Medialisierung

Untersucht die mediale Vernetzung der Gesellschaft und die zunehmende Bedeutung von „vicarious experience“ durch die Schaffung virtueller Welten; wie Kultureinrichtungen durch den Einsatz neuer Medien ein neues Verhältnis zur Öffentlichkeit erzeugen, neue Publikumsschichten erzielen und damit in Konkurrenz zu anderen populären Medienformen treten; wie transmedial eine Verschiebung von taxonomischem Wissen zu sensorischer Erfahrung erzeugt wird; untersucht werden weiter Tendenzen von Extropianismus / Transhumanismus und Second Life.

Visualisierung

Untersucht, wie durch Technologien (u.a. IT, GPS) ein Großteil des materiellen und immateriellen Kulturguts visualisiert wird und durch Visualisierung neue Kunst- und Vermittlungsformen entstehen (Comics, Graphic Novel) bei gleichzeitiger Reduktion des Konzeptionellen; weitere Themen sind: Visualisierung der Kommunikation, Werbe- und Gebrauchsbildästhetik, Akkumulation und Beschleunigung von Informationsfluss, Reizüberflutung.

Hybridisierung

Untersucht kulturelle Dynamik im Sinne von Verschmelzungen (High-Pop); Interferenzen künstlerischer Gattungen; Körperüberschreitungen (Cyborgs, Vampirismus, Intersexualität/Transgender); Interkulturalität und Akkulturation; Interdisziplinarität im Bildungssektor.

(De-)Lokalisierung

Untersucht die Loskoppelung von „human agency“ von einem bestimmten Ort; wie die Ausdehnung des menschlichen Handlungsradius kulturellen Austausch und Transfer ermöglicht; wie lokale Infrastrukturen durch Digitalisierung global zugänglich sind (das virtuelle Museum); die gleichzeitige Verfügbarkeit von Kulturgütern; (inter)kulturelle Dynamik durch körperliche Mobilität; Homogenisierung des Bildungswesens (Bolognaprozess); Gleichschaltung des Kulturbetriebs und gesellschaftlicher Infrastrukturen bei lokaler Realisierung.

Kommodifizierung

Untersucht die Ausdehnung populärer Kommerzsysteme auf den gesamten Kulturbetrieb; wie museale Einrichtungen als emotionale Produkte vermarktet werden; Kulturbörse – die Neoliberalisierung des Kunstbetriebs; Esoterik, Spiritualität als erwerbliches Produkt; Kommerzialisierung von Körperästhetik, Medizin und Wellness.